durch integrierte OP-Lösungen für die minimalinvasive Chirurgie – ein Erfahrungsbericht aus der Orthopädischen Klinik Markgröningen (OKM)
Jörg Richter, Orthopädische Klinik Markgröningen Hans-Uwe Hilzinger, Bernadette von Wittern, Karl Storz GmbH & Co. KG, Tuttlingen
Vielfältige Anforderungen an den Arbeitsplatz OP
In der sportorthopädischen Abteilung der OKM werden vor allem Patienten behandelt, die ambulant oder kurzstationär operiert werden wollen. In der Regel sind diese Operationen arthroskopische Eingriffe wie Meniskus- und Arthrosebehandlungen des Kniegelenks, aber auch größere Bandrekonstruktionen wie die vordere Kreuzbandplastik. Bislang wurden die Probleme, die sich im Zusammenhang mit dem Operationsgeschehen und moderner Technologien ergeben, jedoch bei der Gestaltung der Operationssäle zumeist nur unzureichend berücksichtigt.
Aufgrund der rasanten Entwicklung in der Medizintechnik steht heute in den Operationssälen eine Vielzahl von Geräten verschiedenster Hersteller. Die Bedienung von Einzelgeräten ist jedoch beschwerlich, benötigt sehr viel Zeit und stellt ein potentielles Risiko für die Patientensicherheit dar. Der Chirurg wird mit ständig komplexeren Eingriffen und mangelndem Zeitbudget konfrontiert. Diese ansteigenden Anforderungen können durch ein ergonomisches Handling der Geräte an einer zentralen Bedienoberfläche entzerrt werden. Zugleich bieten der technologische Fortschritt in der Computertechnik und der auf breiter Front stattfindende Einzug der Digitalisierung in die Kliniken auch die Möglichkeit zur Ablösung der entstandenen Insellösungen.
Die erfolgreiche Gestaltung von Systemarbeitsplätzen sowie eine ergonomische OP-Einrichtung setzen Maßstäbe in der Abstimmung einzelner Aufgaben im OP und vermindern die Stressfaktoren für Operateure und medizinisches Personal. Der verringerte Abstimmungsaufwand erlaubt es, mehr Zeit auf die direkte Patientenversorgung zu verwenden und bildet die Grundlage einer konstant hohen Qualität ärztlicher Leistungen.
Praxisbezogene Umsetzung des integrierten OP-Konzepts
Aus diesem Grund hat man sich dazu entschieden, das Konzept der ganzheitlichen Arbeitsplatzgestaltung im OP-Bereich im Zuge eines Neubauprojekts erfolgreich umzusetzen. Die Orthopädische Klinik Markgröningen hat im Sommer 2007 eine zweigeschossige Erweiterung der bestehenden Klinik realisiert. Der Neubau wird als u.a. als ambulantes OP- Zentrum mit drei OP-Sälen, Aufwachraum mit 14 Plätzen und den notwendigen Funktionsräumen genutzt. Die Firma KARL STORZ hat als Generalunternehmer gemeinsam mit MedPlan Engineering AG und EHSMedizintechnik als Partner die gesamte Medizinisch-Technische Ausstattung des OP-Zentrums umgesetzt.
Integrierte Lösungen nehmen in verschiedenen Dimensionen Einfluss auf die Abläufe im Operationssaal. Die drei Säle der OKM wurden mit dem OR1™-Konzept von Karl Storz ausgestattet. Zwei der Säle sind mit jeweils drei Flat Screen Monitoren versehen, während im dritten Saal eine ausführlichere Konfiguration mit vier Flachbildschirmen und einem 42“ Großbildschirm, der in die Wand eingelassen ist, installiert ist. Die Monitore sind an platzsparenden Deckenversorgungseinheiten und Federarmen montiert und können somit individuell und ergonomisch positioniert werden. An ihnen können diverse Signalquellen wie z. B. Endoskopiekameras, C-Bogen, Ultraschall, das PACS-System und weitere angezeigt werden. Die Systemintegration ermöglicht des Weiteren die zentrale Steuerung und Bedienung von Endoskopiegeräten, sowie weiterer integrierbarer Geräte, wie z.B. HF-Geräte, OP-Tische, OP-Leuchten oder OP-Leuchtenkameras, aber auch des Dokumentationssystems und der Telemedizineinheit über einen zentralen Touch Screen direkt aus dem Sterilbereich und/oder am Schwesternarbeitsplatz. Es besteht die Möglichkeit zur personenund eingriffsbezogenen Voreinstellung von Startkonfigurationen der Geräteparameter und Telemedizingrundeinstellungen, so dass die Geräte sich durch Aufruf der jeweiligen Konfiguration automatisch einstellen. Dies spart einerseits wertvolle Zeit und trägt andererseits zur Qualitätssicherung bei. Die Bedienoberflächen der integrierten Geräte sind auf der Benutzeroberfläche des Systems eins-zu-eins dargestellt. Dadurch entfällt ein Umlernen auf eine neue Bedienführung. Neben der realistischen Benutzeroberfläche für jedes einzelne Gerät ist auch eine frei definierbare Übersichtsanzeige der wichtigsten Geräteparameter vorhanden. Die einzelnen ausgewählten Geräte sind ebenfalls aus diesem Anzeigemodus heraus steuerbar. Des Weiteren ist die Visualisierung von Geräteparametern sowie Alarmund Statusmeldungen des OP-Systems in einem für den Operateur gut sichtbaren Bereich auf dem Touchscreen realisiert. Bei OR1™ handelt sich um ein modulares System, d.h. bei einer späteren Integration (Aufrüstung) von mehreren Geräten eines Gerätetyps (z.B. zwei Kamerasteuereinheiten, zwei Lichtquellen) beinhaltet das OP-System eine multiple Identifikation von Gerätefunktionen zur Erkennung und möglichen Steuerung.
Eine weitere Dimension stellt das Datenmanagement dar, das sich aus der Dokumentationspflicht ergibt. Das AIDASystem von KARL STORZ bietet hierzu alle erforderlichen Funktionen für eine ganzheitliche und präzise Dokumentation endoskopischer und offener Eingriffe. Das benutzerfreundliche System erlaubt ein einfaches Erfassen von Standbildern, Videosequenzen und gesprochenen Kommentaren von Befunden und operativen Eingriffen direkt aus dem sterilen Bereich per Fingertip auf den Touch Screen, über einen Fußschalter oder über die Kamerakopftasten. Die Bearbeitung der Bilddaten ist in einer zweiten Bildschirmdarstellung möglich. Die Dateien können mit wenigen Mausklicks umbenannt, gelöscht oder mit Kommentaren versehen werden. Über eine DICOM- Schnittstelle kann das System auf die im Kliniknetzwerk zur Verfügung gestellten DICOM-Worklisten zugreifen, wodurch eine schnelle Übernahme von Patientendaten ermöglicht wird. Der Eingabeaufwand unmittelbar vor jedem Eingriff kann somit auf ein Minimum reduziert werden. Nach Abschluss des Eingriffs übernimmt die DICOM Schnittstelle das automatische Versenden der aufgenommenen Standbilder an den zentralen DICOM Server der Klinik. So stehen die aufgenommenen Standbilder im Anschluss an eine Behandlung sofort klinikweit zur Verfügung. Zusätzlich können die Daten auch effizient auf DVD, CD-ROM (multisession/multipatient) USB-Stick, Festplatte oder auf Fileserver oder FTP-Server gesichert werden.
Neben der Systemintegration und dem Datenmanagement gehört auch die Audiound Videotechnik zur Kommunikation und Datenübertragung zum Gesamtkonzept der integrierten OP-Lösung OR1™. Die verschiedenen Videosignale der Endoskopie-, Raum- oder Situskamera, sowie des PACSoder KIS-Systems können in jedem der drei OP-Säle auf die Flat Screen Monitore und den Großbildschirm sowie auf weitere Videoziele geroutet werden. Die Steuerung der Audio- und Videotechnik erfolgt ebenfalls über den Touchscreen am Schwesternarbeitsplatz Die drei OP-Säle sind über ein Kommunikationssystem miteinander vernetzt, so dass eine gegenseitige Konsultation der Operateure ermöglicht wird. Mit dem OR1™ StreamConnectServer werden die Videosignale unidirektional und falls gewünscht die Audiosignale bidirektional über das Krankenhausnetzwerk übertragen. Das Video- und Audiosignal kann von jedem eingeloggten PC ausgewählt werden. Die Raumkamera kann ebenfalls von diesen PCs aus bedient werden. Durch einen zusätzlichen Großbildschirm im Aufenthaltsraum kann sich das OP-Team jederzeit über die aktuellen Vorgänge in den drei OP-Sälen informieren. Die integrierte QuadVideo-Funktion dient zur Erzeugung und Präsentation von bis zu vier Videoquellen auf einem Bildschirm. Dies bedeutet konkret, dass in der OKM alle drei Operationssäle auf dem großen 42“ Bildschirm im Personalraum gleichzeitig dargestellt werden können. Als vierte Videoquelle ist ein DVD-Player integriert, über den z.B. Lehrfilme in Bild und Ton abgespielt werden können. Selbstverständlich können alle vier Videosignalquellen nicht nur in der Quad-Darstellung, sondern auch einzeln als Vollbild wiedergegeben werden. Durch die vielfältigen Möglichkeiten der Telemedizin im OR1™ wird eine weitreichende und effiziente Art der Ausbildung und Weiterbildung ermöglicht. Videoübertragungen aus dem OP in den Konferenzraum, oder für größere Veranstaltungen in die Sporthalle der OKM bieten Studierenden und anderen die Möglichkeit, interessante Eingriffe zu verfolgen; dem Dozenten und Operateur bieten sich entsprechend vergrößerte Reichweiten. Durch zusätzliche Funktionen wie die Telestration-Funktion, mit der Details hervorgehoben werden können, lassen sich Befunde und Eingriffe Schritt für Schritt darstellen und kommentieren.
Der OP stellt in vielen Fällen den Engpassfaktor einer Klinik dar. Vor, während und nach der OP bieten sich Potentiale, die durch technologische Lösungen genutzt werden können. Die Ablauf- und die Personalplanung lassen sich durch integrierte Lösungen optimieren; so können die vorhandenen Ressourcen optimal genutzt werden. Aus diesem Grund wurden in der Orthopädischen Klinik Markgröningen nicht nur drei integrierte Operationssäle installiert, sondern zusätzlich wurden auch Abbildung 2: Optimierung der OP-Prozesse die Workflow-Prozesse betrachtet und optimiert. Durch die bessere Strukturierung des OP-Ablaufes kann sich der Operateur nun ganz auf den Eingriff konzentrieren. Die Personalplanung gewinnt an Transparenz, so dass zum Beispiel Pausenzeiten besser geplant werden können und mehr Zeit für die Betreuung und Versorgung der Patienten bleibt.
Bisherige Erfahrungen und Ergebnisse
Das Zentrum für Arthroskopie und spezielle Gelenkchirurgie der Orthopädischen Klinik Markgröningen ist nun eines der am modernsten ausgestatteten OP-Zentren in Deutschland. Durch die Optimierung der Ablaufprozesse konnte bereits nach drei Monaten Betriebszeit der eintausendste Eingriff durchgeführt werden.
Nachdem die Klinikleitung sich für das ganzheitliche integrierte OP-Konzept von KARL STORZ entschieden hatte, wurde für den Neubau ein neues OP-Team gemäß der Bereitschaft, sich auf die neuen Anforderungen im Umgang mit OR1™ einzustellen, gebildet. So fiel es der Krankenhausdirektion leicht, das OP-Personal dazu zu ermutigten und zu motivieren, sich nicht vor der technologischen Neuerung zu fürchten oder gar Hemmungen zu haben, sondern die verschiedenen Funktionen einfach einmal frei auszuprobieren. Das relativ junge Team nahm die Herausforderung wissbegierig an und begann die OP-Säle sehr aktiv zu nutzen. Mittlerweile sind alle Anwender des Systems sehr von seinen Vorteilen überzeugt und von den verschiedenen Funktionen, insbesondere der vereinfachten Dokumentation fasziniert. Die Mitarbeiter schulen und trainieren sich auch gegenseitig im Gebrauch bestimmter Funktionalitäten. Auch die Raumkamera und der Großbildschirm im Aufenthaltsraum erwiesen sich als nützliche Einrichtungen und wurden positiv angenommen, da sie den Stress-Pegel deutlich zu reduzieren. Somit entfällt in vielen Dingen die Notwendigkeit zur Eile, da der Verlauf in den Operationssälen ständig beobachtet werden kann. So bleibt auch sehr viel mehr Zeit für die Betreuung der Patienten.
Durch die Einrichtung eines großen Aufwachraumes mit Platz für 14 Patienten, konnten die Wechselzeiten im OP stark reduziert werden, da hier die Patienten auch für den Eingriff vorbereitet werden können. Dieser Aufwach- und Vorbereitungsraum, der in den OP-Trakt integriert ist, ermöglicht es dem Operateur, vor und nach dem Eingriff mit seinem Patienten zu kommunizieren. Der Aufwachraum dient außerdem gleichzeitig als Patientenzimmer für die ambulant behandelten Patienten. Daher wurde an jedem Bett die Möglichkeit eines Patientenentertainment mit Radio- und TV-Programmen eingerichtet.
Mittels der Installation von Deckenversorgungseinheiten wurde auch die hygienische Reinigung vereinfacht. Ebenso konnte der notwendige Dokumentationsprozess beschleunigt werden. Durch die Anbindung an das Krankenhaussystem sind sämtliche Patientendaten jederzeit verfügbar und können leicht abgerufen werden. Röntgenbilder und andere Aufnahmen Bildgebender Verfahren müssen nicht mehr ausgedruckt werden, da sie elektronisch im System verfügbar sind und auf jedem Monitor angezeigt werden können. Darüber hinaus erhalten die Patienten einen automatisch generierten OP-Bericht, sobald sie die Klinik verlassen für eine evtl. weitere Behandlung bei einem anderen Arzt oder Physiotherapeuten.
Fazit und Ausblick
Die Orthopädische Klinik Markgröningen zeigt ganz deutlich die Vorteile eines integrierten OP-Systems auf. Die moderne Technik kann nicht nur die Arbeitsergonomie des gesamten OP-Teams verbessern durch die optimale Platzierung von Geräten und Monitoren und einen zentralen Arbeitsplatz zur Steuerung und Kontrolle aller Funktionen, sondern auch die Sicherheit bei den Operationen erhöhen, sowie Abläufe optimieren, u.a. indem sie einen barrierefreien und sicheren Datenfluss und neue Wege für Kommunikation, Aus- und Weiterbildung ermöglicht. Derartige Konzepte werden in Zukunft weit größere Bedeutung erlangen und sukzessive weitaus intensiver umgesetzt werden, als dies bereits heute der Fall ist. Der systematische Einsatz neuer Technologien im OP hat dabei eine Effizienzsteigerung und gleichzeitig eine Erhöhung der Qualität der Gesundheitsversorgung zum Ziel.
Dokumentinformationen zum Volltext-Download Titel:
| Ganzheitliche Arbeitsplatzgestaltung im OP | Artikel ist erschienen in:
| Telemedizinführer Deutschland, Ausgabe 2009
| Kontakt/Autor(en): | Chefarzt Dr. med. Jörg Richter Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Ärztl. Direktor des Zentrums für Arthroskopie und spezielle Gelenkchirurgie Orthopädische Klinik Markgröningen Kurt-Lindemann-Weg 10 71706 Markgröningen
Hans-Uwe Hilzinger Bernadette von Wittern Karl Storz GmbH & Co. KG Mittelstraße 8 78532 Tuttlingen
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