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Deutschlands unfassendstes Werk zum Thema Telemedizin, E-Health und Telematik im Gesundheitswesen

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Die eGK – Herausforderung für die IT-Strategie der Krankenhäuser PDF E-Mail
Die eGK – Herausforderung für die IT-Strategie der Krankenhäuser

Roland Trill, Fachhochschule Flensburg

Einleitung

Die jüngsten Herausforderungen an die Krankenhaus-IT sind noch nicht einmal bewältigt, da wird die Notwendigkeit des Weiterdenkens offensichtlich. Die Einrichtungen haben sich in den vergangenen Monaten mit der Schaffung einer DRG-konformen IT-Architektur befasst – nur zum Teil mit Erfolg! Dabei steht bereits die nächste Herausforderung vor der Tür: „die Integration der eGK in die IT-Architektur“ – fraglos eine unter strategischen Gesichtspunkten wichtige Aufgabe. Die Krankenhäuser werden damit Teil – wie es so schön heißt – des gegenwärtig größten IT-Projektes in Europa. Es sollen 80 Millionen Gesundheitskarten (eGKen) an Bürger, 350 000 Health Professional Cards (HPC) an Ärzte ausgegeben werden. Daneben werden die Apotheken, die Krankenhäuser und letztlich auch die etwa 300 Krankenkassen eingebunden. Das gesamte Investitionsvolumen wird auf einen Betrag zwischen 1,4 und 1,8 Milliarden a geschätzt.

Die eGK wird 2006 kommen, wenn auch mit sehr eingeschränkter Funktionalität. Bereits vor dem 1.1.2006 muss mit der Anpassung von Software und Hardware begonnen werden. Die Reichweite dieser Entscheidung wird in fast allen Krankenhäusern noch unterschätzt.

Es darf aber nicht vergessen werden, dass der Einsatz von IT kein Selbstzweck ist, sondern sich der Unternehmensstrategie unterordnen muss – sie muss kurzfristig fortgeschrieben werden. Es scheint damit höchste Zeit zu sein, über die Beziehung zwischen eGK einerseits sowie der IT-Strategie im Krankenhaus anderseits nachzudenken.

Die IT-Strategie

Die IT ist zugegebenermaßen ein teures Werkzeug! Die Gefahr von Fehlinvestitionen ist bei einem dynamischen und intransparenten Markt recht groß. Sie kann man nicht wegdiskutieren (wer in diesem Segment eine Entscheidung unter Sicherheit treffen möchte, wird gar keine Entscheidung treffen), nur reduzieren, indem man die Entscheidungen gut vorbereitet und sie in einen langfristigen Investitionsplan einbindet. Die Entwicklung der Gesundheitskarte ist seit Monaten in Grundzügen bekannt. Zu warten bis die letzten Unklarheiten beseitigt sein werden, ist nicht vertretbar, will man den Starttermin 2006 nicht verpassen.

Die IT-Strategie ist ein unverzichtbares Steuerungsinstrument. Sie muss aus der Unternehmensstrategie heraus abgeleitet werden und gilt dann als „Roter Faden“ für einen Zeitraum von ca. fünf Jahren. Die IT-Strategie ist darüber hinaus ein nicht zu unterschätzendes Kommunikationsinstrument, um die Vorstellungen der Unternehmensführung in der Einrichtung transparent zu machen.

Abbildung 1 zeigt den Zusammenhang zwischen Unternehmens- und IT-Strategie noch einmal übersichtlich.

Ausgangspunkt für die Entwicklung der Unternehmensstrategie ist die aktuelle Selbsteinschätzung (Stärken-Schwächenanalyse) vor dem Hintergrund des Marktes. Es stellt sich die Frage, inwieweit die IT gegenwärtig „richtig aufgestellt“ ist bzw. welche Defizite bereits aktuell bestehen. An dieser Stelle ist große Objektivität gefordert, da eine nicht zutreffende Beschreibung der Ist-Situation nur zu späteren Fehlentscheidungen führen kann.

Das Unternehmen wird sich dann überlegen müssen, welche Strategien vor dem Hintergrund der vorgenommenen Analysen sowie der Entwicklungsszenarien des Marktes für das eigene Unternehmen Erfolg versprechend sein können.

Strategien könnten beispielsweise sein:

  • Spezialisierung
  • Kostenführerschaft
  • Diversifikation
  • Kooperation
  • Fusion
  • Übernahme
  • Outsourcing
  • Ausgründung

Daraus gilt es nachfolgend darauf aufbauende IT-Strategien abzuleiten. Die IT-Strategie ist insofern flexibel, da sie sich an veränderte Umweltszenarien anpassen muss. Das darf nicht mit Beliebigkeit verwechselt werden! In ihr sind wenigstens die Handlungsfelder

  • Applikationen
  • Zeit (punkt und -dauer)
  • Investitionen
  • Verantwortlichkeit

aufzuführen.

Die eGK wird das Gesundheitswesen wesentlich verändern (insbesondere dann, wenn sie nicht zu einer „Light-Version“ degradiert wird). Insofern müssen die (hoffentlich vorhandene) Unternehmensstrategie (die eGK und die HPC müssen im Kontext der sich bildenden Netzwerke als Chance gesehen werden) und die IT-Strategie angepasst werden – und das schon für das Jahr 2005, wie aus dem nächstfolgenden Punkt deutlich werden sollte.

Zusammenfassend steht jedes Krankenhaus vor folgenden Aufgaben:

  • 1. die neue Unternehmensstrategie festzulegen
  • 2. die daraus sich ergebene IT-Strategie abzuleiten und
  • 3. die ersten Schritte zur Umsetzung zu unternehmen (insbesondere das IT-Budget neu zu bestimmen).

Handlungsfelder im Krankenhaus

Bei der Integration in die Abläufe des Krankenhauses geht es bei weitem nicht nur darum, die betreffenden Einheiten mit neuen Kartenlesegeräten auszustatten. Die eGK und die HPC sind als korrespondierend wahrzunehmen und entsprechend zu berücksichtigen. Mit der HPC steht beispielsweise eine völlig neue Form der Identifizierung und Authentifizierung (z. B. als digitale Unterschrift) zur Verfügung.

Anzupassen sind Hard- und Software sowie (und das kann nicht oft genug hervorgehoben werden) Prozesse! Es muss davor gewarnt werden, auch bei diesem Projekt nur die Mindestlösung anzustreben. Andererseits sind die potenziellen Veränderungen so vielfältig, dass sie nicht in einem Projektschritt umgesetzt werden können. Die nachfolgenden Punkte mögen diese Erwartung verdeutlichen.

Handlungsfelder (sicher nicht abschließend) im Bereich der Krankenhaussoftware:

  • Upgrade der Kartenleser(software)
  • Anpassungen in der Patientenadministrationssoftware
  • Integration „eRezept“ und Arzneimitteldokumentation
  • Anpassungen am medizinischen Arbeitsplatz (HPC)
  • Anpassungen in der Ambulanz-Software
  • Einbindung eines Servers für Signaturen
  • Integration des Zugangs zur Kommunikationsplattform
  • Administration von eGK und HPC

Aufgrund des zu erwartenden Zeitablaufs ist damit zu rechnen, dass die IT- Anbieter erst spät in 2005 ihre Lösungen angepasst haben werden. Hierauf muss sich das Krankenhaus auch personell vorbereiten.

Als zweites wichtiges Handlungsfeld sind die anzupassenden Prozesse zu sehen, beispielhaft können erwähnt werden:

  • Prüfung Zuzahlungsstatus
  • Ausstellung eRezept und Führung der Arzneimitteldokumentation
  • Management von Notfalldaten
  • Personalisierung der HPC
  • Entwicklung von Ausfallkonzepten (technisch/organisatorisch)
  • Nutzung der digitalen Unterschrift (ggf. auch für weitere Geschäftsvorfälle)
  • Krankenhausweite Verwendung von Daten der eGK (z.B. für die hausinterne elektronische Patientenakte)

Für beide genannten Komplexe muss mit einem hohen Schulungsaufwand gerechnet werden. Dieser dürfte gegenwärtig sehr schwierig zu beziffern sein. Die Gefahr der Unterschätzung wäre groß.

Das IT-Budget 2005

Für die genannten Aufgaben und Investitionen werden in den IT-Budgets 2005 und 2006 nicht unerhebliche Beträge eingestellt werden müssen. Eine nichtrepräsentative telefonische Umfrage bei einigen Krankenhäusern hat ergeben, dass keines von ihnen einen Betrag für die „Integration eGK und HPC“ in das Budget 2005 eingestellt hat. Sollte sich das nicht verändern lassen (und die meisten Budgets 2005 sind intern verhandelt) steht zu befürchten, dass das Projekt eGK auch an dieser „Front“ Probleme bekommen wird.

Und man redet bei diesem Projekt nicht um kleinere Beträge, wiewohl sie gegenwärtig nur Überschlagsweise geschätzt werden können. Schätzungen bewegen sich gegenwärtig für ein mittelgroßes Krankenhaus in einer Bandbreite von 100 – 250 T a .

Die Krankenhäuser trifft diese nicht zur Disposition stehende Investition in einer Zeit, in der noch weitere größere Investitionen „vor der Tür“ stehen, beispielsweise:

  • DRG-Workflow-Management
  • Managementinformationssystem
  • PACS
  • Archivierung
  • usw.

Es steht zu befürchten, dass, falls es nicht gelingen sollte die Investitionsquote für IT mittelfristig auf wenigsten 3% zu erhöhen, die eine oder andere Maßnahme zurückgestellt werden muss. Auch wenn das jeweilige Krankenhaus für die eigene Einrichtung noch nicht abschließend beurteilen kann, wie hoch der Investitionsaufwand letztendlich sein wird (Einflussfaktoren dürften etwa sein: Größe der Einrichtung, Fallzahl, Fluktuation, Anzahl Mitarbeiter, Versorgungsauftrag, Organisationskonzept u. A. m.), empfiehlt es sich einen „Platzhalter“ in der oben umrissenen Höhe nachträglich einzubauen.

Erwartungen

2006 wird es „losgehen“. Daran sollte kein Zweifel mehr bestehen. Insbesondere die Streitereien in der Selbstverwaltung haben bisher schon zu Verzögerungen geführt. Die reduzierte Funktionalität wird voraussichtlich nur das eRezept umfassen und damit dem primären Wunsch der Kostenträger entsprechen. Wann der freiwillige Datenpool realisiert werden wird, ist noch nicht abschätzbar. Man bekommt allerdings von der diese Entwicklung seitens der Beteiligten prägenden Dynamik einen guten Eindruck, wenn man zur Kenntnis nimmt, dass mit der Einführung der Elektronischen Patientenakte erst gegen 2015 gerechnet wird...

Allen Beteiligten sollte aber auch klar sein, dass die nunmehr auch ins Kalkül gezogene „reine Kartenlösung“ die errechnete kurze Amortisationszeit nicht wird realisieren können. Nach wie vor sollte die Serverlösung forciert werden!

Um dies zu erreichen, muss das Projekt an allen Stellen (so auch in den Gesundheitseinrichtungen selber) offensiv und innovativ betrieben werden. Das ausgeprägte deutsche „Verbandsunwesen“ muss bei derartigen Projekten an Bedeutung verlieren, ansonsten wird der Fortschritt nicht mehr „richtig in Tritt“ kommen.

Schlussfolgerungen

Die eGK kommt für die Krankenhäuser nicht überraschend. Auch die oben angedeuteten Querelen um den Leistungsumfang und die Finanzierung können die gegenwärtige Inaktivität seitens der Krankenhäuser nicht erklären. Die eGK und die HPC (die als Gestaltungsinstrument oft vergessen wird) müssen sich harmonisch in die IT-Architektur des Krankenhauses einpassen. Wenn sich in diesem Gestaltungsprozess auch andere Informationsflüsse ordnen lassen werden, ist ein wesentlicher Zusatznutzen möglich. Zu bedenken ist auch, dass die geschaffene Infrastruktur in anderen Netzwerkprojekten sinnvoll einsetzbar sein wird.

Als Fazit aus dem Gesagten kann den Verantwortlichen in den Krankenhäusern empfohlen werden:

  • Überarbeiten Sie kurzfristig das IT-Budget 2005 (und natürlich nachfolgend das für das Jahr 2006)
  • Rufen Sie eine hausinterne Projektgruppe zum Thema „Integration von eGK und HPC“ ins Leben. Geben Sie der Projektgruppe mit auf den Weg, krankenhausglobal zu denken und einen nach Fristen geordneten Arbeitsplan zu entwickeln.
  • Beobachten Sie weiter Technologie- und Markttrends (es handelt sich um eine flexible Unternehmensplanung)
  • Berücksichtigen Sie den hohen Qualifizierungsbedarf Ihrer Mitarbeiter

Dem Leser sei zum Abschluss ein Ausspruch von Henry Ford in Erinnerung gebracht, dessen Befolgung dem Projekt „eGK“ schon gut zu Gesicht stände:

Coming together is a beginning
Staying together is a progress
Working together is a success!


Literatur

Trill, R. (Hrsg.), Informationstechnologie im Krankenhaus, Neuwied und Kriftel 2002


Kontakt
Prof. Dr. Roland Trill
Fachhochschule Flensburg
Kanzleistraße 91-93
D 24943 Flensburg
Tel.: 04 61/8 05-14 73
Fax: 04 61/8 05-14 96
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